21 Mrz

Culture Space 2

„Culture Space“ ist ein EFD-Projekt in Tukums. Das liegt in Lettland. Hier kommt jetzt ein zweiter Bericht unserer Freiwilligen Sarah. Sie hat ja echt Talent im kreativen Schreiben und somit wollten wir euch diesen auch nicht vorenthalten. Winter in Lettland:

Länger als ein halbes Jahr lebe ich mittlerweile schon in Tukums, einer kleinen Stadt in der Nähe von Riga (Lettland).

Und seit gefühlt sechs Monaten herrscht hier nun auch schon Winter.
Als es im Oktober langsam aber sicher immer kälter wurde, begann ich mich eigentlich darauf einzustellen, dass der Winter härter und deprimierender als alle Winter, die ich zuvor erlebt habe, werden würde.
Und doch vergingen die Monate bis Weihnachten dank einiger Projekte in Zusammenarbeit mit Jugendzentren, einem internationalen Weihnachtsmarkt und ziemlich viel Arbeit im Tourismus-Zentrum (ich durfte endlich meinen BücherTauschPoint einweihen) wie im Fluge.
Die Wochenenden nutzte ich außerdem, um meine neue Umgebung kennenzulernen.
Natürlich stand so kurz vor Weihanchten der Weihnachtsmarkt in Tallinn (Estland) ganz oben auf unserer Liste – auch wenn bei Temperaturen unter -10 Grad auch der beste Glühwein nicht mehr wirklich etwas gegen die Kälte ausrichten konnte.

Nach einem kurzen Stopp über Weihnachten und Neujahr in Deutschland und Frankreich flog ich dann noch immer ziemlich motiviert zurück nach Lettland. So schlimm war der Winter bis dahin schließlich nicht gewesen, da kann man ja doch einmal positiv in die Zukunft schauen.
Aber es kam, wie es kommen musste. Die Sonne verschwand pünktlich am 1. Januar – Winter was finally coming – und ließ sich bis Mitte Februar nicht mehr sehen.
Dazu ist im Winter generell eher wenig im Tourismus-Zentrum zu tun (auch die Touristen möchten natürlich lieber Urlaub in der Sonne machen) und so widmete ich mich meinen eigenen Projekten – einem Wochenende voller Workshops über Equality, einem gemeinsamen Nachmittag mit Letten und Flüchtlingen, mehreren Cinedebats etc. … aber Nichts wollte so richtig klappen.
Entweder wurde ich plötzlich von Projektpartnern ignoriert (mittlerweile habe ich gelernt,dass Letten einfach immer sehr viel Zeit benötigen, um zu antworten) oder meine Ideen waren zu abstrakt, ich konnte sie nicht gut genug präsentieren, wodurch sie abgeschmettert wurden.
Im Nachhinein kam mir diese Zeit ziemlich kurz vor, es waren schließlich nur sechs Wochen, dann kamen die Sonne und damit auch wieder meine gute Laune und Motivation wieder.
Während dieser Zeit zogen sich die Tage jedoch wie Kaugummi, es war immer kalt, immer dunkel, die Menschen schienen ihr Lächeln verloren zu haben. Selbst mein immer gut gelaunter Leichtathletiktrainer machte immer weniger Witze (oder ich verstand sie dank beserer Lettischkenntnisse endlich richtig und fand sie deshalb nicht mehr lustig. Wer weiß?!

Zwar ließ ich mir das Reisen natürlich trotzdem nicht verderben, aber auch Wanderungen bei -25 Grad Celsius in Tartu (Estland) konnten meine Stimmung nicht wirklich heben.
Vor ein paar Tagen kapitulierten dann sogar meine Winterstiefel in Helsinki – nach einer sechsstündigen Wanderung in 30cm Schnee.

Das war für mich dann der definitive Moment, festzulegen: Winter has to leave now !

Deshalb verlasse ich das Haus jetzt auf gar keinen Fall mehr ohne Sonnenbrille, esse Eiscreme an der Daugava in Riga und bügel schon einmal meinen Bikini für den kommenden Sommer. Denn ich weiß zwar nicht, wann der lettische Sommer endlich kommt, aber ich bin mir sicher, dass er ja irgendwann kommen muss.