11 Nov

Creative Minds

„Creative Minds“ ist ein größeres EFD-Projekt in Estlands Hauptstadt Tallinn mit verschiedenen Aufnahmeorganisationen und Projekten. Unsere Freiwillige Gina ist in einem Jugendzentrum in dieser spannenden europäischen Stadt. Estland gilt als fortschrittlichstes Land Europas. Mal sehen, was Ginas Bericht dazu hergibt.

“Ich gehe nach Estland.”
“Wohin?”

Diese Reaktion musste ich mir des Öfteren anhören als ich Freunden und Familie mitteilte wohin es denn jetzt geht für meinen Freiwilligendienst.
Nach einem kurzen Ausflug auf Google Maps war der genaue Standort geklärt, aber Estland blieb des Weiteren ein Rätsel für viele.
Auch für mich war es (und ist es heute noch zum Teil) ein Rätsel, denn der Weg nach Estland war eher ein glücklicher Zufall als eine fester Plan. Ich hatte schon alle Hoffnung auf ein Jahr im Ausland als europäische Freiwillige aufgegeben, als ich mich auf gut Glück auf ein Projekt in einem Jugendzentrum in Tallinn bewarb.
Tatsächlich klappte es dann mit genau diesem Projekt in einem Land, welches so gar nicht meinen ursprünglichen Vorstellungen für ein EFD entsprach (Süden, warm, internationale Sprache). Aber das war dann nicht mehr so wichtig, da ich mich einfach riesig gefreut habe, dass ich angenommen wurde. Und so kam es, dass ich ohne grundlegendes Vorwissen über Estlands Kultur, Sprache und Leute am 4. September nach Tallinn flog.

Das ist jetzt 2 Monate her und ich muss sagen, dass Estland und besonders Tallinn bis jetzt nicht enttäuschen.
Tatsächlich bin ich sogar ganz froh, dass ich ohne große Erwartungen hier ankam, da dies mir ermöglicht Estland für mich selbst zu entdecken. Und das habe ich die letzten Wochen so gut wie möglich versucht. Hier drei Fakten, die vielleicht ganz wissenswert sind: Estland hat 1,3 Millionen Einwohner, passt flächenmäßig ungefähr 7,9 mal in Deutschland, und ab Oktober ist es Gesetz Reflektoren zu tragen, wenn man draußen unterwegs ist (aufgrund der Dunkelheit).

Natürlich ist es schwer Land und Leute richtig kennen zu lernen, wenn man die Sprache nicht beherrscht.
Im Moment verständige ich mich eigentlich nur mit “Tere!” , “Aitäh!” und “Vabandust!” (Hallo, Danke, Entschuldigung) nur um dann sofort ins Englische zu wechseln. Wie es in vielen Hauptstädten so ist, spricht hier fast jeder Englisch, was mir das Ganze natürlich extrem erleichtert. Denn Estnisch zu lernen ist nicht so einfach. Tatsächlich konnte ich erst vor zwei Wochen mit meinem Sprachunterricht beginnen.
Die Sprache hat eine dezent komplizierte Grammatik. Nur um euch eine kleine Geschmack zu geben: insgesamt 14 Fälle, keine Artikel und keine Geschlechter.
Auch interessant zu wissen, ist dass geschätzte ⅓ des estnischen Wortschatzes mit dem Deutschen verwandt ist. Das heißt, dass ich in der Theorie eins von drei Wörtern verstehen sollte. In der Realität ist das dann eher eins von zehn. Aber daran arbeite ich noch.

Und hier eine kleiner Geschichts-Fun-Fact: Diese “Verwandtschaft” der Sprache kommt daher, dass Estland unter anderem auch mal von Deutschland besetzt wurde. Des Weiteren wurde Estland auch von Dänemark, Schweden und am aktuellsten von der damaligen Sowjetunion besetzt. Ich nenne diese Besetzung “aktuell” da sie erst im Jahr 1991 endete. Deshalb, und natürlich aufgrund der unmittelbaren Nähe zu Russland, findet man noch sehr viel russische Einflüsse in Estland. Tatsächlich ist die Muttersprache von geschätzten 25% aller Esten Russisch. Leider spreche ich auch kein Russisch. Da haben meine Freiwilligen-Freunde aus der Ukraine oder Weißrussland es um einiges einfacher mit der Kommunikation. Aber genug Geschichte, jetzt etwas zu meinem Projekt.

Mein Projekt trägt den Namen “Creative Minds” und wird von Tallinns Amt für Jugend und Sport (Tallinna spordi- ja noorsooamet) koordiniert. Wir sind insgesamt 7 Freiwillige, welche in 7 von den 10 in Tallinn existierenden Jugendzentren arbeiten. Ich arbeite in dem Valdeku noortekeskus im grünen Stadtteil Nõmme. Mein Jugendzentrum ist noch relativ jung und mit das kleinste von den Jugendzentren. Nichtsdestotrotz lockt es die Jugend mit Töpferei-, Seidenmalerei-, Tanz- und Kochkursen.
Das Ziel ist es, dass ich bald auch meine eigenen Kurse anbiete, jedoch weiß ich noch nicht genau was ich in diesen machen soll. Meine Arbeitszeit ist meist von 12 bis 18 Uhr, was für mich als Langschläfer und definitiv nicht-Morgenperson eigentlich ideal ist. Und dadurch, dass ich morgens so spät anfange habe ich abends immer etwas mehr Zeit die Bars und Clubs Tallinns mit meinen Freunden zu erkunden.

Tallinns Nightlife ist definitiv eine Sache, die ich noch genauer erkunden möchte. Besonders, da ich zu Hause fast nie in Clubs oder Bars gegangen bin. Aber hier, mit Freunden aus allen Ländern die fast ausschließlich 21+ sind, lerne ich das Ganze für mich kennen. Und ganz ehrlich, es ist schön nach einem langen Tag im Jugendzentrum abends in unsere Lieblingsbar zu gehen und etwas Tischkicker mit meinen Freunden zu spielen.
Tatsächlich sind die Freundschaften die ich hier schon geschlossen habe, mit das Beste an meinem EFD bis jetzt. Mit ihnen macht Tallinn erkunden viel mehr Spaß. Und natürlich lernt man nebenbei auch vieles über andere Kulturen und Sprachen. Und auch was andere so über mein Herkunftsland denken, wissen oder denken zu wissen. Es klingt vielleicht komisch, aber ich hab mich noch nie so als Europäerin gesehen wie in dieser Zeit hier in Tallinn.

Genau, das war es soweit mit meinem kleinen Bericht über mein EFD in Tallinn, Estland. Falls euch das Ganze interessiert, man findet mich auch auf youthreporter (@ginainestonia), wo ich ab und zu Blogeinträge in Englisch und Deutsch hochlade.