19 Okt

Develop Solidarity

Unsere Freiwilligen Jasmin und Anne waren dort in Arad tätig. Sie leisteten in unterschiedlichen Organisationen ihren Freiwilligendienst. Hier zunächst ein von Jasmin verfasster Bericht nach ein paar Wochen vor Ort und weiter unten dann ein kurzer Bericht von Anne:

Ich bin wohlauf in meiner nun zweiten Woche hier. Soviel erstmal, um grünes Licht geben zu können. Alles andere als grünes Licht hatte ich allerdings auf dem Flughafen bei meinem Abschied. Unter Tränen und mit einem tomatenroten Kopf habe ich dort vor der Sicherheitskontrolle meine Eltern und meinen Freund verabschiedet, um kurz darauf feststellen zu dürfen, dass all meine Papiere (Ticket, Boarding pass, Versicherungsbestätigung für den Freiwilligendienst,…) nicht mehr in meinem Besitz waren. Ich denke, „emotionsgeladen“ ist der passende Ausdruck für die ganze Szene.

Glücklicherweise habe ich einen Freund, der schnell denken und laufen kann und der dann meine Papiere wenige Minuten später aus dem Airport-Restaurant, in dem wir zuvor waren, geholt hat. Zusammen mit Anne, die ich – wie ihr bereits wisst – schon vom Ausreiseseminar aus Halle kenne und die von Berlin nach München geflogen ist, bin ich dann an dem wohl kleinsten Flughafen der Welt – Temesvar (Timisoara) – angekommen. Unsere Betreuer vor Ort, Christian und Carmen Babutau, haben uns dann von dort auch gleich stilsicher mit einem Dacia abgeholt. Die Straßen wimmeln übrigens tatsächlich von diesen Blechbüchsen. Und die Autofahrer wissen auch einiges aus ihnen herauszuholen. Ich durfte letztens auch mit einem Rumänen im Auto mitfahren, der mir dann auch die rumänische Straßenverkehrsordnung erklärt hat: Laut ihm und so manch anderen Rumänen ist es unsicher, einen Sicherheitsgurt zu tragen, da dieser bei einem Unfall Brüche und Schnittwunden verursachen kann. Ohne Gurt besteht jedoch die Möglichkeit, mit viel Glück aus dem Fenster oder durch die Windschutzscheibe geworfen zu werden und zu überleben. Achso, ja dann!

Home, sweet home

Meine neuen Mitbewohner haben uns sehr nett mit selbst gemachten Spaghetti empfangen. Nach einem kurzen Smalltalk hieß es dann aber auch schon „Noapte buna“. Die noapte war aber leider nicht so buna, weil ich auf einem recht wackeligen Stockbett mit einer aus Federn bestehenden Matratze schlafen musste. Danach habe ich aber das Zimmer gewechselt, um nicht auf dem schlechten Bett schlafen zu müssen. Jetzt teile ich mir das Zimmer mit Kathi aus Österreich, was recht nett ist, weil ich dort dann meinem Deutsch freien Lauf lassen kann.

Unser Haus ist sehr schön und eher eine schöne, über dem rumänischen Standard liegende (heruntergekommene Blockwohnungen, eingefallene Höfe,…) Ausnahme hier in Arad. Wir leben hier zu zehnt, jeweils zu dritt oder zu zweit in einem Zimmer. Und meine Güte! Was so zehn Personen an Essen, Toilettenpapier, Spülmittel usw. verbrauchen! Holla die Waldfee! Und erst die Internetnutzung! Jetzt haben wir ja endlich unser W-Lan, davor hatten wir nur einen (!) Internet-Stick für zehn Personen. Der war dann natürlich heiß begehrt. Hier wird einem auch erst so richtig bewusst, wie toll die Weiten des Internets eigentlich sind. Skype, msn & Co.KG sei Dank! So können wir unsere Kontakte nach Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich oder Belgien gut pflegen. Und irgendwie fühlt man sich auch immer mitten im Geschehen der Lieben und umgekehrt.

Neue Kontakte knüpfen

Doch natürlich wollen wir nicht nur Kontakte zu unserer Familie und Freunden halten, sondern auch hier im Ausland neue knüpfen. Das hat bei uns auch sofort geklappt. Christi und Carmen haben uns gleich nach der ersten Nacht zwei junge Kerle vorgestellt, Alex und Norbi. Mit ihnen haben wir bisher schon einiges unternommen, wie z.B. eine kleine Sightseeing-Tour (oder wie Christi immer sagt: „Seesighting“) durch Arad, einen DVD-Abend, Erkunden des Arader Nachtlebens und einen Kinobesuch (für 1€ p.P.). Die Filme sind hier – auch im TV, den wir noch nicht besitzen – alle auf englisch, nur der Untertitel ist rumänisch. An einem Abend sind die beiden und ihre Freunde, die wir auch schon kennenlernen durften, sogar zu uns gekommen, um uns mit einem typischen rumänischen Essen, Mămăligă (Maisbrei), zu bekochen.

Tagesablauf eines arbeitslosen Freiwilligen in AradUnsere Tage hier vergehen total schnell, obwohl wir noch nicht einmal arbeiten. Damit fangen wir erst nächste Woche an. So ein Proto-Tag verläuft hier bis jetzt folgendermaßen:

11.00: Aufstehen
Bis 12.30: Frühstück und Abwasch
Bis 14.30: Fertigmachen, Internet zelebrieren und ab ins Office zum Sprachkurs
Bis 17.00: Sprachkurs, danach halbe Stunde wieder zu Fuß heimgehen (Wir werden hier zu echten Wandersleuten)
Ab 17.00 bis Ende: Einkaufen, kochen, Abwasch, duschen, skypen, fertig machen und ab zur nächsten Aktion

Aber natürlich haben wir auch gemütliche Abende. Ich durfte hier schon in den Geschmack einer Yoga-Stunde und eines Beauty-Abends kommen…

Wie es weiter geht, kann man ab und an auf Jasmins Blog erfahren: http://www.youthreporter.eu/benutzer/Zahnfee/


Hier der kurze Bericht von Anne, die in einem anderen Projekt Dienst leistet:

Knapp zwei Monate in Rumänien!

Am 01.09.2010 ging es für mich von Berlin aus nach Arad, wo ich für 10 Monate meinen Europäischen Freiwilligendienst (EFD) mache. Nach einem Monat zur Eingewöhnung durfte ich dann endlich anfangen mit dem Arbeiten.

Aus den drei Zentren, die mir zur Verfügung standen, habe ich mir das Ghiocel Center ausgesucht, ein Therapiezentrum für Kinder mit den unterschiedlichsten Behinderungen (körperlich und geistig) und unterschiedlicher Altersgruppen (3-16 Jahre). Dort habe ich mit zwei weiteren Freiwilligen gearbeitet. Eigentlich war uns gesagt worden, dass wir bei Therapien würden assistieren und das Programm des Zentrums aktiv mitgestalten können. Enttäuschender Weise merkten wir aber schon bald, dass es dort nicht viel Arbeit für uns gab und keine unserer Erwartungen erfüllt wurde. Wir standen bei den Therapien, wenn sie stattfanden, nur daneben und konnten uns nicht einbringen und im Grunde war jedem Kind schon ein Arbeiter zugeteilt, der es beschäftigte und mit ihm spielte, wenn es für keine Therapie eingeteilt war. Wobei wir noch am ehesten helfen konnten, war das Füttern der Kinder beim Frühstück und Mittagessen.

Nach vielen Problemgesprächen und erneuten Versuchen und Zwischenlösungen haben wir es nun endlich geschafft, dass wir in eines der anderen Zentren wechseln können, wo es – nach alldem was ich von ihnen bis jetzt gesehen habe – viel Arbeit zu tun gibt und uns somit nicht langweilig werden wird.