17 Dez

Discovering New Horizons

„Discovering New Horizons“ ist eines der sehr seltenen EFD-Projekte welches in einer großen Metropole stattfindet: London. Normalerweise ist es nahezu ausgeschlossen in diesen sehr teuren Großstädten einen EFD zu leisten. Aber irgendwie geht es dann doch. Wie? Einfach diesen Bericht von Davia und Sören…

Wir, Sören und Davia, sind zurzeit die Freiwilligen des German YMCAs in London. Nachdem wir die Schule mit dem Abitur beendet hatten, stand für uns beide fest, dass wir vor einem möglichen Studium Auslandserfahrung sammeln und uns über unsere zukünftigen Pläne klarwerden wollen. Im Zuge unserer weiterführenden Recherche stießen wir auf den Europäischen Freiwilligendienst und bewarben uns für verschiedene Projekte in unterschiedlichen Ländern, um uns schlussendlich hier in London zu treffen. Wir sind nun seit drei bzw. vier Monaten im Land und haben uns sehr gut eingelebt.

Leben/Bedingungen

Wir beide arbeiten und leben im Lancaster Hall Hotel des German YMCA. Ein großer Vorteil dessen ist die zentrale Lage, die es uns ermöglicht, mithilfe der öffentlichen Transportmittel innerhalb kurzer Zeit überall hinzukommen. Durch die hohen Wohnraumkosten in London, besonders hier im Zentrum, wurden wir allerdings bereits während der Bewerbungsphase gewarnt, dass wir möglicherweise unsere Mitarbeiterunterkunft mit einem Mitbewohner/einer Mitbewohnerin des gleichen Geschlechts teilen müssen. Kurzzeitig teilte Davia ihr Zimmer mit einer Mitbewohnerin, die leider fast kein Englisch sprach, was das Zusammenleben etwas erschwerte. Die Mahlzeiten nehmen wir im Hotel mit den anderen Mitarbeitern zu festgelegten Zeiten ein. Da wir keine Kochmöglichkeit haben, sind wir an diese Zeiten gebunden. Das Essen ist auf jeden Fall in Ordnung, aber gerade als Vegetarierin wird einem manchmal wenig Auswahl geboten. Snacks und andere Lebensmittel können wir jedoch im eigenen Kühlschrank auf unseren Zimmern lagern. London ist eine sehr teure Stadt und das wöchentliche Taschengeld je nach Lebensstil schnell ausgegeben.

London

Zu unserem Glück bietet London eine schier unfassbare Zahl häufig auch kostenloser Angebote zur Freizeitgestaltung. Um diese wahrzunehmen, bedarf es Eigeninitiative und Recherche. Manch einer leidet auch an der Anonymität in der Großstadt, doch durch die von uns organisierten Veranstaltungen haben wir Kontakt zu allen deutschen Au-pairs unserer Organisation und beide schnell Freunde gefunden. Des Weiteren haben wir während des EVS „On Arrival Trainings“ andere Freiwillige kennengelernt und das Angebot bekommen, diese in ihren Einsatzstellen, anderen Städten Englands, zu besuchen. In unserer Position ist es leicht, Deutsche jeden Alters kennenzulernen, aber um die englische Kultur zu erleben, werden einem wenige Gelegenheiten geboten, daher muss man selbst aktiv werden.

Arbeit

Zuerst einmal, die Freiwilligenarbeit beim German YMCA ist äußerst abwechslungsreich und lässt sich in zwei Sparten aufteilen: Die Arbeit direkt für den YMCA und die Arbeit bei Partnerorganisationen.

Die Einteilung der Aufgaben läuft so ab, dass wir beide vor Anbruch der nächsten Woche einen Wochenplan erstellen, den wir weitestgehend selbst gestalten können und der anschließend mit unseren Vorgesetzten besprochen wird.

Der German YMCA unterstützt eine Vielzahl anderer Organisationen sowohl finanziell als auch durch die Mithilfe bei Projekten. Wir als Freiwillige werden hierbei auf regelmäßiger Basis eingesetzt.

Eine Partnerorganisation ist „The Friends of St. Mary´s Hospital“ in Paddington, eine Charity, die Gelder zugunsten des St. Mary´s Hospitals sammelt und dort unter anderem einen Kiosk betreibt. In besagtem Kiosk arbeitet einer von uns jeden Dienstag. Dabei hilft man beim Verkauf sowie beim Aufstocken der Lagerbestände. Die Arbeitsatmosphäre ist wirklich angenehm, auch wenn es zu Stoßzeiten etwas stressig werden kann. Die Leiterin des Shops ist unglaublich nett, es wird natürlich ausschließlich Englisch gesprochen und falls eines der leckeren Sandwiches übrigbleibt, besteht die Möglichkeit, es mit nach Hause zu nehmen.

„Pursuing Independent Paths“(PIP) ist eine andere ausschließlich englische Partnerorganisation, bei der wir ein- bis zweimal die Woche eingesetzt werden. Als Charity hat es sich „PIP“ zum Ziel gesetzt, ein umfassendes Programm für Erwachsene anzubieten, die an einer Lernbehinderung leiden und diesen zu einem selbständigeren Leben zu verhelfen. Man unterhält sich mit den Teilnehmern bei einer Tasse Tee, assistiert beim Yoga und unterstützt sie während des Unterrichtes beim Schreiben von Texten und beim Fokussieren auf ihre Aufgaben. Außerdem sind wir jeden Dienstag mit dabei, wenn es im Rahmen des „healthy cookings“ zum Einkaufen und anschließend in die Küche geht. Dort werden bei heiterer Stimmung Fruchtsäfte und Sandwiches oder Wraps zubereitet. Durch die Mitarbeit bei PIP lernt man unglaublich viel über den Alltag der Teilnehmer und das Leben von Menschen mit besonderen Bedürfnissen, was für uns beide eine komplett neue und wertvolle Erfahrung ist.

Einmal die Woche geht es für uns ins „Holocaust Survivors Centre“. Das „HSC“ gehört zu Jewish Care und bietet ein aufwendiges und sehr umfangreiches Programm für die in London lebenden Holocaust-Überlebenden an. Dort helfen wir bei der Durchführung des Programmes und führen intensive Gespräche mit den Teilnehmern. Hier erfährt man aus erster Hand etwas über diesen folgenschweren Teil der Geschichte. Gesprochen wird hier übrigens wie auch bei PIP ausschließlich Englisch.

Die Christuskirche ist Teil der evangelischen Kirchengemeinde West-Londons. Auch diese unterstützen wir von Zeit zu Zeit. Beispielsweise waren wir auf der letzten Konfirmandenfreizeit als Betreuer dabei und haben letztens beim jährlichen St. Martinsumzug tatkräftig mitgeholfen. Vor allem die Konfirmandenfreizeit und das Hineinschnuppern in die Welt der bilingualen Auslandsdeutschen war sehr interessant.

Nun zur Arbeit direkt beim German YMCA, die ebenfalls sehr abwechslungsreich ist.

Im Büro kümmert man sich um die Facebook-Seite, beantwortet die ein oder andere Mail und hilft den festangestellten Kollegen bei allem, was ansteht. Wie viel Zeit man im Büro verbringt, ist von Woche zu Woche unterschiedlich. Wenn das neue Programm verschickt wird, hat man hier aber ordentlich zu tun. Auch gerade jetzt vor Weihnachten gibt es für unseren Weihnachtsmarkt viel vorzubereiten und etliche Kisten zu schleppen.

Der German YMCA vermittelt in Greater London jedes Jahr über 80 Au-pairs. Wir organisieren für diese mindestens einmal im Monat einen Ausflug, eine geführte Tour oder ein gemeinsames Treffen. Des Weiteren bieten wir jeden Donnerstag einen Tea Morning an, bei dem die Au-pairs die Möglichkeit haben, sich in freundlicher Atmosphäre bei Kaffee und Keksen auszutauschen.

Auch wer gerne mit Kindern arbeitet, kommt hier auf seine Kosten. So findet jeden Mittwochvormittag die Kinderspielgruppe „Struwwelpeter“ statt, bei der man mit den Kleinen spielt, sich mit Eltern und Nannys unterhält sowie zusammen deutsche Kinderlieder singt.

Jeden zweiten Donnerstag gibt es einen „After School Club“, dort hilft man den englischsprachigen Grundschulkindern beim Basteln und unterstützt die hauptamtliche Mitarbeiterin bei der Betreuung der Kinder.

Jeden Donnerstagabend findet der Anglo-German Circle statt. Hier kommen hauptsächlich ältere Leute zusammen, die meist einem Vortrag lauschen, es gibt aber auch Abende, an denen man gemeinsam Musik hört oder Gesellschaftsspiele spielt. Anschließend unterhält man sich zu Tee und Keksen. Klar ist es abends, aber die Vorträge sind häufig doch sehr interessant und man wundert sich, dass nicht mehr Leute zum Zuhören erscheinen.

Die „Schubert Society of Britain“ arbeitet eng mit dem German YMCA zusammen und veranstaltet regelmäßig Konzerte klassischer Musik. Involviert ist man in das Ganze durch Hilfe bei der Erstellung und Verteilung von Werbematerialien sowie bei der Vorbereitung der Liveshows, bei denen man dann auch als Türsteher fungiert.

Hausbesuche bei Mitgliedern, die nicht mehr am Programm bei uns teilnehmen können, sind auch ein fester Bestandteil unserer Arbeit. Man fährt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur jeweiligen Person, trinkt häufig Tee, isst dazu Kuchen und unterhält sich dabei intensiv.

Es können sehr interessante Gespräche entstehen, aber manchmal verlangt es Kreativität, um das Gespräch wieder in Gang zu bringen.

Im Allgemeinen kann man sagen, dass der German YMCA sehr viele Veranstaltungen organisiert und man in die meisten auch involviert ist. Daher freuen wir uns beide sehr auf den Rest unserer Zeit hier in London!