26 Jan

Face to Face

„Face to Face“ war ein EFD-Projekt in England – genauer gesagt in Dudley. Eine Kleinstadt nicht weit von Birmingham. Unsere Freiwillige Elisabeth war dort für insgesamt 4 Monate bis letzte Weihnachten. Hier ihr ausführlicher und gut reflektierter Bericht:

Als ich im Sommer 2014 endlich mein Abitur in der Tasche hatte, wollte ich zunächst unbedingt ein Jahr im europäischen Ausland verbringen, bevor ich mich dann voller Elan an ein langwieriges Jura-Studium wage.
Nach ausgiebiger Internet-Recherche war schnell klar, dass die EU genau das zu finanzieren schien, was ich mir vorgestellt hatte. Ich erhielt spontan einen vier-monatigen „Youth Worker“ -Platz in Dudley, einer Kleinstadt im Mitt-Westen Englands.

Ende August kam ich spätabends in unserem Haus an und wurde herzlich von meiner Chefin empfangen. Sie und ihre beiden Geschwister leiten ein Community Centre in Dudley und organisieren verschiedene Projekte, um die Gemeinde zusammenzubringen und aktiv zu halten. Dieses Jahr sind sie das erste Mal Teil des EVS – Programms.

Außer mir gibt es hier noch vier weitere Volunteers. Wir wohnen in einem typischen englischen Reihenhaus, teilen ein kleines Bad, eine große Küche mit Wohnzimmer und Doppelstockbetten in drei Schlafzimmern.

Unter der Woche werden wir meist von unserer Arbeitgeberin im Auto abgeholt und fahren zum nicht weit entfernten Community Centre.

Wir können bei verschiedenen Aufgaben mithelfen, hauptsächlich Kinder während des Youth Clubs betreuen und kleinere Events (z.B. Sport – Abende, Healthy Living – Workshops etc. ) organisieren und durchführen.

Da die Organisation sehr klein ist, gibt es für fünf Volontäre nicht immer genug zu tun. Aus diesem Grund werden wir etwa zwei bis drei mal die Woche an andere Organisationen „entliehen“ und helfen dort aus. Ich persönlich liebe die Arbeit an der „School For Kids With Special Needs“, wo Kinder mit Konzentrations– und Lernschwierigkeiten eine zweite Chance bekommen, ihre Prüfungen in der Mittleren Reife zu bestehen. Die Lehrer sind für jede Art von Unterstützung dankbar und ich wurde als Assistentin sehr freundlich im Kollegium aufgenommen. Die Arbeit bei der lokalen Suppenküche ist ebenfalls ein Job, der mir sehr gefällt. Wir richten ein Mal pro Woche den Essenssaal her, servieren die Mahlzeiten für die Obdach- bzw. Arbeitslosen, unterhalten uns mit ihnen und machen sauber nachdem sie gegangen sind.

In meiner Freizeit reise ich sehr gern und viel durch das Land – mit den Billig-Bus-Reise-Unternehmen ist das recht kostengünstig möglich. Außerdem gehe ich gerne in die Bibliothek, und in die nahe gelegene Schwimmhalle, treffe mich mit anderen Volunteers oder fahre nach Birmingham (ca. 40 Minuten mit dem Bus) wo natürlich ein bisschen mehr los ist, als in Dudley. Allerdings sollte man auch die nähere Umgebung nicht unterschätzen ( Wolverhampton, Stourbridge, Walsall etc.) Hier gibt es immer wieder Art-Festivals, verschiedene Sport-Veranstaltungen, Vorlesungen an der Uni , Tanzabende usw. – es findet auf jeden Fall jeder etwas, womit er seine Freizeit gestalten kann.

Abschließend bleibt natürlich noch die Frage nach dem Lerngehalt meiner Erfahrungen zu beantworten. Prinzipiell wird man durch die Arbeit mit Kindern und das Zusammenleben mit anderen „Internationals“ toleranter und offener.

Konkret gelernt habe ich so einiges; vor allem jedoch ein selbstständiger Teenager zu sein.

Wo kann man am günstigsten seine Lebensmittel einkaufen gehen ? Wie weit im Voraus und auf welcher Website bucht man am besten seine Bus – Tickets und Hostels ? Möchte man in seiner Freizeit Sport treiben, sich weiterbilden oder doch lieber den Nachbarort entdecken ? – Planung und Initiative ist, egal für welche Präferenz, in jedem Fall unabdingbar.

Denn wenn man das Elternhaus und den bisherigen Wohnort verlässt, fängt ein neuer Lebensabschnitt an. Und für mich hätte dieser nicht abwechslungsreicher und schöner beginnen können als hier in England, wo ich nicht nur selbst für’s Leben lerne, sondern anderen Menschen helfe oder einfach wo ich nur kann nur eine Freude bereite.

Des weiteren denke ich, dass ich mich durch diese Erfahrung mein ganzes Leben lang in irgendeiner Art und Weise für gute Zwecke engagieren werde, da ich hier in Dudley so vielen Freiwilligen begegnet bin und mit so vielen Charity – Organisationen zu tun hatte, dass mein Bewusstsein für die Tatsache geschärft wurde, wie wichtig es ist immer mal wieder, – wenn auch nur einen kleinen – Beitrag zum Allgemeinwohl zu leisten.

Sicher wird europäische Solidarität viel in der Politik gestärkt, doch es sind vor allem die Menschen der Länder selbst, die zusammenhalten müssen und trotz kultureller und sozialer Unterschiede für eine harmonische Atmosphäre zu sorgen haben. Ich fühle mich als Teil dieser noch recht jungen Bewegung und kann jedem, wirklich jedem, sehr empfehlen, einen EVS zu absolvieren!