28 Mrz

Find Your Way By EVS II

„Find Your Way By EVS II“ war ein EFD-Projekt in der Türkei. Genauer gesagt im kleinen Ort Kazanlı in der Nähe von Mersin. Bei diesem Projekt – wie bei seinem Vorgänger – geht es um den Schutz bestimmter bedrohter Schildkrötenarten, die zur Eiablage an den Mittelmeerstrand kommen. Es gibt sicher unangenehmere Arbeitsplätze…! Hier ein sehr guter und authentischer Bericht von Laura. Lesenswert!

Das EFD Projekt „Find Your Way by EVS“ in der Türkei brachte mir in zwei Monaten dermaßen viele intensive Erfahrungen, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte.

Alles begann mit einer aus meiner Sicht recht chaotischen Anreise in der Nacht: mein Koffer war in einem anderen Teil des Flughafens angekommen, welcher schon fast geschlossen hatte. Nach diesem unfreiwilligen nächtlichen Spaziergang, vielen Fragen und Wartezeit stieg ich endlich mit meinem Koffer in den Bus, von dem mich mein sehr fürsorglicher Mentor abholte und mich zu den neun anderen Volunteers brachte. Drei von Ihnen waren noch wach und halfen mir noch Kopfkissen und Bettwäsche für mich zu organisieren.

Bei dem Projekt selbst ging es um den Schutz von Meeresschildkröten insbesondere der Caretta Caretta und Chelonia Mydas Spezies, welche den Strand unseres Ortes Kazanlı zur Eiablage bevorzugen. Wenn am Strand zu viel Abfall herumliegt oder er z.B. zu laut ist, legen die Mütter ihre Eier nicht ab, bzw. die jungen Schildkröten überleben nicht. Alle sieben Wasserschildkrötenarten sind bedroht, oft erreicht nur eine von 1000 Schildkröten dort das fortpflanzungsfähige Alter.

Da im Frühjahr noch keine Schildkröten-Saison ist, bestanden unsere Aufgaben halbtags darin den Strand von angeschwemmtem und abgestelltem Abfall zu reinigen. Jeder wurde mit Handschuhen und Mülltüten ausgerüstet, dann ging es immer am Strand entlang. Die gefüllten Säcke stellten wir zusammen, sie sollten später mit Hilfe lokaler Unterstützung abgeholt werden. Nach ein paar Tagen stellten wir deprimiert fest, dass viele unserer Mülltüten ausgeschüttet wurden, so dass der Abfall vom Wind wieder verteilt wurde. Wir verstanden das nicht und waren wütend und verständnislos, wer so etwas tut. Später begegneten wir ein einem Fünfertrupp Jungs, der älteste vielleicht acht Jahre alt, der jüngste vielleicht Fünf. Sie gingen zu den von uns zusammengestellten Müllsäcken, kippten diese aus und durchsuchten den Inhalt nach Materialien, welche sie an Recyclingfabriken verkaufen könnten, um etwas Geld für Brot zu haben. Nach diesem Erlebnis sah ich das EU-Türkei Flüchtlingsabkommen wie auch unsere vorherige Wut mit völlig anderen Augen. Was bringt eine Gruppe Kinder dazu an einem Strand mit wilden Hunden Müllsäcke aufzuschneiden und den Inhalt zu durchwühlen?

Die andere Hälfte unseres Stundenplanes drehte sich um Sensibilisierungsmaßnahmen der lokalen Bevölkerung zum Thema Umweltschutz. Wir setzten uns zusammen, nähten Stofftaschen um die Plastiktüten beim Einkaufen zu vermeiden, entwickelten Theater- und Workshop Ideen für Schulen und Kindergärten, designten Flyer, Plakate, Präsentationen und drehten Filme. Trotz der vielen Ideen am Anfang stellte es sich als schwierig heraus, diese auch umzusetzen. Nicht alle Volunteers waren wegen dem Projekt da und einige verhielten sich dementsprechend. Es war viel selbstständiges Arbeiten, Kommunikation(!), Motivation und Eigeninitiative gefragt, um trotzdem etwas auf die Beine zu stellen.

Zweimal die Woche ging es Einkaufen. Beim regionalen Gemüse- und Obstverkäufer konnten wir uns gut eindecken, von einem anderen Laden probierten wir Sesam-Mus, Rosenmarmelade, Oliven und Schafskäse. Gekocht wurde auch selbst, manche besser, manche etwas schlechter, aber wir hatten immer eine große Vielfalt durch all die Ideen die hier zusammenkamen. Beim Kochen nahm ich viele neue Ideen auf, beim Abwasch musste ich feststellen, dass der Großteil alles mit kaltem Wasser wusch, anstatt warmes in eine Schüssel einzulassen. Auch die Mülltrennung im eigenen Haushalt mussten wir erst lernen. Auch das wöchentliche Putzen musste koordiniert werden. So viele versuchte Gruppendiskussionen und Organisation hatte ich wirklich nicht erwartet.

Die Wochenenden blieben uns zum Reisen. Die Türkei ist verglichen mit Deutschland sehr günstig und die meisten Menschen, die wir trafen sehr hilfsbereit: Optimale Bedingungen. Da das ständige Zusammenleben mit 9 anderen Menschen aus 6 anderen Ländern oft auch chaotisch und stressig verlief, tat es mir richtig gut sich am Wochenende mal aufzuteilen und historische Burgen zu erkunden, zwischen Ruinen und Dünen den Sonnenschein zu genießen oder in Nationalparks zu wandern. In so einer großen Gruppe findet sich eigentlich immer jemand für eine bestimmte Aktivität. Sehr ärgerlich für mich war, dass Spaziergänge als Frau alleine oder auch trampen mit zwei Frauen nicht sicher schien. Vieles, was mir in Deutschland als selbstverständlich erscheint, ist in der türkischen Kultur nicht akzeptabel. So ganz bin ich bis zum Schluss nicht dahinter gekommen, was erwartet wird, was nicht geht. Oft haben wir unseren Mentor gefragt und z.B. herausgefunden, dass hörbares Naseputzen in geschlossenen Räumen ein Tabu darstellt. Zum Glück lernt gibt es die Gelegenheit nach und nach dazu zu lernen.

Die englaubliche Hilfsbereitschaft der Menschen möchte ich am Schluss nochmal hervorheben. Da mein Türkisch auch zum Schluss nur für einfachsten Smalltalk reichte und viele Türken nur im gleichen Maße Englisch konnten stellten sich auf Reisen und insbesondere beim Trampen oft Herausforderungen. Mit Händen und Füßen hat es aber immer funktioniert, wir sind am Ende immer dort angekommen, wo wir wollten. Oft sagt ein Lächeln mehr als viele Worte, so bekam ich einmal Brot geschenkt, einmal eine herzliche Umarmung von einer Frau, welche sich wohl nicht anders auszudrücken wusste, Mitfahrgelegenheiten und ganz viel Chai.

Die Zeit war unglaublich intensiv mit vielen Höhenflügen, aber auch Tiefenfällen. Ich habe vieles gesehen, erlebt, verstanden und gelernt, auch über mich selbst. Was auch immer kommen mag, mit etwas positiver Energie (Motivation), Kommunikation und Eigeninitiative kann einen wenig aufhalten. Ich freue mich sehr diese Erfahrungen gemacht zu haben und nun einen ziemlich internationalen Freundeskreis zu haben, der mir auch dabei hilft mal eine andere Perspektive einzunehmen.