02 Apr

Leonard Cheshire Disability II – England

„Leonard Cheshire Disability“ ist eine Organisation, die in ganz England Einrichtungen und Wohngemeinschaften für Menschen mit Behinderungen unterhält. Wir arbeiten ja schon länger mit dieser Organisation zusammen – weiter unten weitere Berichte von unseren dortigen Freiwilligen- und hier nun ein Bericht von Josefine, die Ihren EFD in Marske-by-the-Sea in der Nähe von Middlesbrough leistet:

Sechs Monate lebe ich jetzt schon in Marske-by-the-Sea, Yorkshire, England. Die Hälfte meines Projekts ist rum, und es kommt mir so vor, als wäre ich grade est richtig angekommen, während es sich gleichzeitig so anfühlt, als würde ich schon ewig hier sein. Als ich im Oktober mein Projekt begonnen habe, hatte ich zwar viel über die Organisation gelesen, wusste aber nicht wirklich, was genau mich da im fernen England nun erwartet.

Nach einem Tag voller kaputter Handys und ausgefallener Züge war ich dann endlich da und wurde von Ruth, meiner Koordinatorin vom Zug abgeholt. Da ich an einem Freitag angekommen bin, und meine Mitbewohnerin Helen aus Griechenland erst am Montag, also unserem ersten offiziellen Arbeitstag ankam, war ich am Wochenende erstmal allein in meiner neuen Wohnung, und konnte mich mit meiner neuen Umgebung vertraut machen. Gleich am ersten Tag fand hier in Marske Hall eine Art Flohmarkt statt, eine super Gelegenheit für mich, meine Mitarbeiter und auch die Bewohner des Heims kennenzulernen. In Marske Hall leben zur Zeit 28 Menschen mit körperlich und/oder geistigen Behinderungen. Alle haben mich sehr nett aufgenommen, und so war es für mich sehr einfach, ich in die neue Umgebung einzufügen.

Meine Aufgaben hier sind erstaunlich vielfältig, und abwechslungsreicher, als ich anfangs gedacht hätte. “Normale” Tage gibt es eigentlich nicht, aber an den Tagen, an denen ich nicht mit Bewohnern ins Kino oder Theater gehe, oder wir bowlen gehen, verbringe ich viel Zeit in der “Aula”, in der tagsüber alle zusammen kommen können. Das ist zwar nicht immer so interessant wie Ausflüge nach Newcastle oder Sunderland, trotzdem wird es nie langweilig – nichtmal, wenn man zwei Stunden lang Herr der Ringe vorliest (mittlerweile sind wir schon bei Buch zwei!). Offiziell ist unsere Aufgabe, die Bewohner von Marske Hall beim Bewältigen ihres alltäglichen Leben zu unterstützen. Seit Oktober habe ich für mich selbst ausgemacht, was ich darunter verstehe. Mittlerweile begleite ich jeden Montag und Dienstag Abend zwei Bewohner zu einer Art Gemeindezentrum, wo wir Freunde treffen und Zeit auβerhalb von Marske Hall verbringen können. Dienstags bin ich auβerdem Begleiter für alle, die ins Fitnessstudio in der nächsten Stadt gehen wollen, und mittwochs kommen alle bei der “Pub-night” zusammen, um zu essen, trinken und Karaoke zu singen – es ist mir nur in der ersten Woche gelungen, mich davor zu drücken, seitdem müssen alle Anwesenden meine Version verschiedenster ABBA-Songs über sich ergehen lassen.

Wenn ich nicht im direkten Kontakt mit Bewohnern stehe, habe ich die Möglichkeit, mich näher mit der Stiftungsarbeit zu beschäftigen. Das bedeutet hier zum gröβten Teil, gemeinsam mit den zahlreichen lokalen Freiwilligen und Ruth neue Spendenaktionen zu planen und durchzuführen. Das sind zum Groβteil Flohmärkte und “Coffee-mornings”, die dann in unserer Aula stattfinden, und immer sehr aufregend für alle Beteiligten sind. In diesem Jahr kommt noch hinzu, dass Leonard Cheshire, der Gründer der Organisation, im September 100 Jahre alt geworden wäre, uns somit noch eine ganze Reihe Festlichkeiten auf uns zukommen. Erst letzte Woche fand der erste von zwei “Centenary-Balls” statt, und seit Kurzem sind wir auch auf der Suche nach Freiwilligen, die im September den Great-North-Run (13.5 Meilen) für Marske Hall mitlaufen. Sogar ich hab mich schon eingetragen,und habe jetzt also sechs Monate Zeit, mich auf einen Halbmarathon vorzubereiten…

Neben der Arbeit habe ich meine Zeit bisher genutzt, mir so viel von England anzugucken wie möglich – mein persönlicher Favorit ist zur Zeit noch Oxford, aber ich habe ja noch ein halbes Jahr Zeit, einen alternativen Sieger zu finden! Ich habe mich auf dieses Projekt beworben, weil ich mir unsicher war, wie es nach der Schule weitergehen sollte, und ich hatte gehofft, mir in diesem Jahr etwas klarer darüber zu werden. Einen ausgefeilten Plan habe ich zwar immer noch nicht, aber ich habe gelernt, dass ich, wenn es drauf ankommt, gut improvisieren kann, ich habe viele neue Freunde kennengelernt, und ich habe gesehen, wie sehr man einem anderen Menschen helfen kann, wenn man dazu bereit ist sich für andere einzusetzen. In den nächsten Monaten wird wahrscheinlich noch mehr dazukommen, aber selbst wenn nicht, kann ich schon jetzt sagen, dass ich keine bessere Entscheidung hätte treffen können.