21 Jun

Le volontariat, formation à la tolérance et à la citoyenneté européenne

Auch ein langer Titel…! Der Freiwilligendienst, eine Ausbildung zu Toleranz und europäischer Bürgerschaft. Ja! Und sogar noch viel mehr! Wie unschwer am Titel zu erkennen, leistet unser Freiwilliger Nicolas einen Dienst in Frankreich. Genauer gesagt im Elsass. Aber lest selbst:

 

Bonjour, miteinander!

Ich leiste seit 10 Monate ein Freiwilligendienst in Emmaüs Scherwiller im wunderschönen Elsass, zwischen Strasbourg und Colmar.

Emmaüs, für alle die es nicht kennen, ist eine Art solidarischer Zweite-Hand Laden bei dem Spenden weiterverkauft werden, wodurch sich der Laden finanziert.
Emmaüs ist deshalb solidarisch, weil hier hauptsächlich Compagnons oder Angestellte in Insertion (CDDI) arbeiten, die Menschen mit schwierigen Hintergründen sind.
Die Arbeit hier ist sowohl ein sozialer Beitrag, als auch ein ökologischer Beitrag, da man auch durch Recyceln gegen den übermässigen Konsum beiträgt.
Die Compagnons erhalten hier ein Zimmer, Essen, medizinische Versorgung und ein Taschengeld im Gegenzug dafür, dass sie hier arbeiten.
Heutzutage sind Compagnons größtenteils Menschen, die ohne Papiere hier sind und eben hier auf diese warten.
Grob kann man unterscheiden zwischen denen, die aus dem Maghreb (hauptsächlich Algerien), den Leuten aus dem Subsaharischen Afrika (z.B. Mali) und den Leuten aus dem europäischen Osten/Balkan (also Albanien, Kosovo oder Georgien) kommen.
Es sind aber durchaus einige Franzosen da, die beispielsweise sonst auf der Straße gelebt hätten. Insgesamt sind die Leute also sehr international und größtenteils auch sehr freundlich.

Als Freiwilliger arbeitet man hier wie ein Compagnon, also 5 Tage die Woche, 7 Stunden am Tag und man hat auch die gleichen Aufgaben. Man kann hier seine Aufgaben gut variieren, wenn man das mit dem Vize-Direktor abspricht.
Ich hab hier schon sehr viel gemacht, wie die Arbeit im Laster, im Online-Shop, in der Schreinerei, beim Verkauf, in der Küche und einiges mehr.
Hauptsächlich habe ich aber Möbel geschleppt!
Das ist ein Punkt, über den man sich bewusst sein sollte, bevor man hier anfängt:
Die Arbeit hier ist meist sehr physisch und wird schnell monoton. Darum ist es auch wichtig seine Aufgaben zu variieren, damit man nicht anfängt sich bei der Arbeit zu langweilen.

Die Arbeit bei Emmaüs ist anders als bei einem klassischen Freiwilligendienst, insofern dass er praktisch weniger sozial ist. Man arbeitet zwar meist mit anderen Leuten zusammen, aber die Arbeit ist eher so wie im kommerziellen Bereich.
Wir bekommen hier alles Mögliche an Objekten gespendet. Leider auch viel Müll, da wir manchmal auch als Sperrmüll missbraucht werden.
Am Interessantesten sind aber die historischen Artefakte, die man manchmal auch findet. So hatte ich mal eine deutsche Gasmaske aus dem 2. Weltkrieg in der Hand oder auch ein Bajonett aus dem 19. Jahrhundert.

Unsere Wohnung, die auch direkt bei Emmaüs in Scherwiller liegt, wurde während unseres Dienstes frisch renoviert. Insofern konnten wir sie selber mit Möbeln aus dem Laden ausstatten.
Es handelt sich um eine 2er-WG, die man sich mit einem Mitfreiwilligen teilt. Oft, wie auch in meinem Fall, ist der/die andere Freiwillige aus Spanien.

Ich persönlich hatte das Glück Französisch schon vor dem Dienst muttersprachlich zu können, dennoch hat es ein wenig an Zeit gebraucht, bis man sich in der Communauté eingelebt hatte und auch was mit den Compagnons in seiner Freizeit Sachen gemacht hat.
Problem war auch, dass das ganze kommunitäre Leben während Corona ausgesetzt wurde und jetzt wieder aufgebaut werden muss. Wenn man dann irgendwann wirklich Teil der communauté ist und auch alle (zumindest vom Namen her) kennt, ist das wirklich cool. Großes Highlight ist le foot (also Fussball spielen), jeden Dienstag.

In meiner Freizeit treffe ich mich meist aber mit anderen Freiwilligen im Elsass. Man kann – wenn man es will – sich hier ein recht großes Freiwilligennetzwerk aufbauen, da das Elsass von Freiwilligen nur so wimmelt!
Ich kenn Leute sowohl in Strasbourg und in Mulhouse, aber auch nebenan in Selestat und natürlich auch im Rest von Frankreich. Die meisten Freiwilligen sind entweder aus Deutschland oder aus Spanien.
Doch auch die Region ist wunderschön. Scherwiller liegt auf der Weinroute mit den fantastischen Schlössern Ramstein und Ortenbourg direkt nebenan. Ansonsten ist Selestat nur 15 min. mit dem Fahrrad entfernt (man erhält von Emmaüs auch ein Fahrrad) und von dort kann man sowohl Strasbourg und Mulhouse sehr gut mit dem Zug erreichen. Tatsächlich war ich in meiner Zeit hier fast jede Woche zumindest einmal in Strasbourg, wenn auch nur am Bahnhof.
Die Region ist für mich als Deutsch-Franzose sehr interessant, da man den Einfluss von beiden Seiten hier beobachten kann.
Letztendlich bin ich zufrieden mit meinem Freiwilligendienst, der mir auch persönlich erlaubt hat vieles Neues auszuprobieren und mich selbst weiter zu entwickeln.
Ich habe sehr viele neue Leute kennengelernt und mich mit einigen auch angefreundet. Ausserdem lebe ich in einer wunderschönen Region.
Allerdings würde ich diesen Dienst nur bedingt empfehlen. Nämlich, dass man versteht was man hier für eine Arbeit macht und man diese auch problemlos ein Jahr machen kann, weil wenn man hier nicht mit der Arbeit zurecht kommt, kann das einem den Rest auch kaputt machen.