15 Dez

Tvoj život ako príklad iným

„Ihr Leben als Beispiel für andere“ – so der Projekttitel auf Deutsch. Meint jedenfalls eine populäre Übersetzungsmaschine. Unsere Freiwillige Caroline ist seit Spätsommer in der Slowakischen Republik. Dort arbeitet sie vor allem mit Kindern und Jugendlichen. Hier ihr sehr schöner Bericht nach fast 4 Monaten:

Seit etwas über drei Monaten bin ich jetzt in der Slowakei (nicht Slowenien). =)
Die Slowakei ist ein kleines Land süd-östlich von Tschechien, mit dem sie bis 1989 ein Land bildete. Sie ist bergig und – wie sich schon jetzt, Anfang Dezember, absehen lässt – im Winter um einiges kälter als Deutschland.
Die Leute hier sind in erster Linie entspannt. „Uvidime“- „Wir werden sehen“ scheint das Lebensmotto zu sein. Viele Dinge passieren hier spontaner und damit, dass Veranstaltungen mit einer gewissen Verzögerung anfangen, kann meistens gerechnet werden. Es scheint sich auch niemand sonderlich daran zu stören. Wenn ein Festival zwei Stunden Verzögerung hat, werden hier keine Acts gekürzt um den Zeitplan wieder „einzuholen“- das Ganze hört dann einfach zwei Stunden später auf.

Die Slowaken sind sich der eher bescheidenen Rolle ihres Landes in bewusst. „Why did you decide to go to Slovakia?“ fragen sie mich verdutzt und sie reden davon, dass in Deutschland ja alles viel fortschrittlicher sei. „Was denn?“ frag ich dann normalerweise. „Na zum Beispiel die Züge!“
Dann muss ich eklären, dass ich die alten, klapprigen Ost-Züge mit den bequemen Sechserabteilen eigendlich sehr gern mag, die Züge in Deutschland auch ständig zu spät sind (wenn auch zugegebenermaßen nicht ganz so oft) und ich froh bin, dass man Tickets hier nicht am Automaten sondern am Schalter kauft, weil das viel schneller und einfacher geht, selbst wenn der Automat mal problemlos funktioniert. Alles in allem sind sich die Kulturen aber sehr ähnlich, große Unterschiede gibt es abgesehen von der Sprache kaum.

Ich arbeite hier für SEM, eine christliche Organisation, die mit evangelischen Kirchengemeinden zusammenarbeitet um sie bei ihrer Jugendarbeit zu unterstützen. Der missionarische Charakter, den diese Arbeit hier oft hat, ist für mich gewöhnungsbedürftig und überhaupt nimmt Religion in meinem Umkreis hier eine andere Rolle ein, als ich es von meinem viel laxeren Umfeld daheim gewöhnt bin. Am Anfang habe ich mich davon oft etwas unter Druck gesetzt gefühlt, aber mittlerweile weiß ich, dass ich jederzeit offen ansprechen kann, wenn mir etwas „gegen den Strich geht“ oder ich mich mit einer Aufgabe nicht wohl fühle und dass das gar kein Problem ist.

Meine Aufgaben liegen bisher auch eher in einem anderen Bereich: Vor allem unterrichte ich Englisch in den fünften und sechsten Klassen einer Grundschule (das heißt hier 1. bis 9. Klasse), in der ich übrigens auch wohne.
Außerdem leite ich eine AG, „Spievame po anglicky“(„Wir singen auf Englisch“) für Kinder von der ersten bis zur vierten. Die Arbeit mit den Kindern macht mir super viel Spaß und ist gleichzeitig das Schwierigste, was ich je gemacht habe. =)

Sonst habe ich wechselnde Beschäftigungen: Ich besuche verschiedene Jugendkreise und bereite Spiele und Aktivitäten vor, auf einem kleinen „Festival“ war ich Küchenhilfe und Dekobastlerin und einmal hatte ich sogar einen Job als Brieftaube.
Im Sommer kommt dann angeblich noch eine ziemliche Chaoszeit mit einem größeren Festival, bei dem ich helfen sowie einer Hüpfburg und einem Wasserfußball-spiel, die ich betreuen soll… Uvidime.

Eigendlich würde man denken, dass Reisen und internationale Erfahrungen durch einen Freiwilligendienst selbstverständlicher für mich werden, bisher ist aber eher das Gegenteil der Fall. Die ersten drei Monate hatte ich hier eine sehr nette Mitbewohnerin und -freiwillige aus Weisrussland. Für sie war es das zweite Mal, dass sie außerhalb von Weißrussland oder Russland war. Sie war noch nie am Meer. Sie ist offiziell Englischlehrerin, hatte aber noch nie Gelegenheit in ein englischsprachiges Land zu fahren. Das Visum für den Freiwilligendienst zu kriegen, war für sie sehr aufwändig und teuer, daher war sie sehr traurig, als sie jetzt aus verschiedenen Gründen vorzeitig nach Hause musste, weil unklar ist, ob sie nochmal die Möglichkeit hat, die Leute, die sie hier kennengelernt hat, zu besuchen. Dieses und andere Beispiele haben mir vor Augen geführt, was für ein großes Glück wir haben, dank der EU nur mit Personalausweiß in so viele verschiedene Länder reisen zu können was für ein Privileg so ein Freiwilligendienst eigendlich ist.
Daher: Wenn du überlegst, was du nächstes Jahr machen sollst, ergreif die Chance! Ich persönlich kann es jedenfalls empfehlen…