04 Mai

Walking around Europe

„Walking around Europe“ ist kein Wanderprojekt, wo man gut zu Fuß sein muss. Nein, es ist ein sehr vielfältiger Dienst im Norden Spaniens im schönen Gijón. Unsere Freiwillige Claudia hat es gut getroffen. Sie behandelt in ihrem Dienst vor allem das Thema „Europa“ und kümmert sich um junge Leute. Aber lest selbst ihren wundervollen, ausführlichen Bericht!

 

Sonnigregnerische Grüsse aus Spanien

Hola a todos! Ich bin Claudia, 19 Jahre alt und lebe seit Ende September in Spanien, genau genommen in Gijón, einer Stadt in der nördlichen Region Asturien in Spanien.
Asturien ist eine eher unbekannte Region. Klassischerweise stellt man sich bei Spanien Flamenco, Strand und viel Sonne vor. Tatsächlich durfte ich in meinem Freiwilligendienst aber lernen, wie vielseitig das Land ist.

So gesehen darf ich mich glücklich schätzen, in der wohl regnerischsten Region Spaniens gelandet zu sein. Wobei ich dazu anmerken muss, dass es auch nicht jeden Tag regnet, also ganz so schlimm wie im Regenwald ist es nicht. Einen Regenschirm sollte man hier trotzdem sicherheitshalber immer dabei haben! 😉

Warum mache ich einen Freiwilligendienst?
Ziehmlich genau vor einem Jahr habe ich in Mainz mein Abitur absolviert und für mich war recht schnell klar, dass ich noch nicht direkt studieren wollte.
Schon zu Schulzeiten hatte ich den Traum gehabt, ein (Schul-)Jahr im Ausland zu verbringen. Das Eintauchen in eine andere Sprache und Kultur hatte mich schon immer fasziniert und spätestens meine Interrailreise nach dem Abi zeigte mir, wie gerne ich reise.
Ausserdem wollte ich so erst einmal praktische Erfahrungen vom “wirklichen” Leben sammeln, zu mir selbst finden und das Jahr zu meiner persönlichen Weiterbildung und Entfaltung nutzen.
Da ich mich auch schon immer gerne engagiert habe, schien ein Freiwilligendienst die perfekte Möglichkeit, um all diese Dinge zu vereinen.
Nach ganz viel Recherche und einer langen Bewerbungsphase entschied ich mich dann für den Freiwilligendienst beim Conseyu de Mocedá en Xixón.

Wieso Gijón, bzw. (Nord-)Spanien?
Ich wollte mittels meines Freiwilligendienstes nicht nur meine Sprachkenntnisse verbessern, sondern auch einen anderen Lebensstil (fern ab von Prüfungen) samt anderer Kultur kennenlernen und vor allem über mich hinaus wachsen.
Zuerst hatte ich dabei Südamerika anvisiert, da ich unbedingt die Chance nutzen wollte, was komplett anderes zu erleben – nach der Devise: Wenn schon, denn schon:
Je exotischer, desto besser! Letztendlich bin ich doch “nur” in Spanien gelandet und damit in Europa geblieben.
Das hat mehrere Gründe: Sowohl die Finanzierung und die Art meiner Arbeit spielten dabei eine Rolle. Ich bin defintiv nicht enttäucht, in Spanien gelandet zu sein. Im Vergleich zu dem, was ich von anderen Freiwilligen gehört habe, ist es auch gar nicht so schlecht, da ich hier eventuell mehr Bindung zu den Locals aufbauen kann, da das in Südamerika (aufgrund der verschiedenen Hintergünde, Bildung, Werte, etc.) doch schwieriger sein kann.
Südamerika steht aber immer noch auf der Liste. 😉
Wenn es eine Sache gibt, die ich wohl hier gelernt habe, dann dass die Reiseliste nie kürzer, sondern immer länger wird… Ich bin in dem vergangenen Jahr so viel gereist wie noch nie zuvor, habe einige Städte und Länder gesehen und doch ist meine Reiselust nur gestiegen. Und auch wenn ich es mag, von einem Ort zum nächsten zu gehen, wollte ich auch die Erfahrung machen, für längere Zeit an einem Ort zu leben, wo ich tatsächlich tief in die Kultur eintauchen könnte.

A ver – Was ist das Conseyu de Mocedá (CMX)? Und welche Rolle spiele ich dabei?
So landete ich also Ende September 2022 in Gijón, einer Hafen- und Industriestadt mit der höchsten Anzahl an Hunden in Europa – so mutmasst man zumindest.
Nach meiner Wahrnehmung her, kann ich das nur bestätigen.
In der Stadt soll es so gar mehr Hunde als Kinder geben, wobei das tatsächlich nicht allzu schwer ist, da die Bevölkerung gerade im Norden Spaniens verhältnismässig alt ist.
Wichtig sind daher Angebote für Jugendliche.
Hierbei kommt meine Organisation ins Spiel.

Ich arbeite beim Conseyu de Mocedá, was asturianisch für Consejo de la Juventud ist, auf deutsch so etwas wie Jugendzentrum.
Dabei stellt das Conseyu de Mocedá ein Zusammengefüge aus mehreren Jugendunterorganisationen dar.
Ziel ist es, jungen Menschen Aktivitäten anzubieten und bei alltäglichen Dingen (zum Beispiel wie man an sein digitales Zertifikat zur Dokumentation von Arztbesuchen, dem Führerschein, etc. rankommt) oder welche Möglichkeiten es gibt, um ins Ausland zu kommen, zu helfen.
Es werden auch unterschiedliche Workshops (vor allem in Schulen) angebotet.
Dabei wird sich mit der Gesundheit auseinander gesetzt (Drogenkonsum und dessen Folgen) oder mit anderen gesellschaftlich relevanten Themen, wie mit der Geschichte der Frau, befasst.
Es ist gar nicht so einfach das CMX in einem Satz zu beschreiben, es ist in jedem Fall eine Anlaufstelle für Jugendliche und junge Erwachsene. Meine Mitfreiwillige und ich arbeiten im Prinzip als Sprachassistentinnen. Wir gehen in Schulklassen und helfen dort im Deutsch- und Französischunterricht, haben aber auch unsere eigenen Sprachgruppen auf Englisch und Französisch.
Die Sprachgruppen dürfen wir frei gestalten. Sie dienen dazu, die Sprachkenntnisse anzuwenden und die Angst vor dem Sprechen zu verlieren. Eine gewisse Basis sollte man daher schon haben, da bei uns keine Grammatikübungen dran kommen, sondern die Sprache auf unterhaltsame Art und Weise näher gebracht werden soll.
Zusätzlich dazu assistieren wir auch bei den Workshops, kümmern uns um den Blog (mit Erfahrungsberichten anderer Freiwilliger, die das CMX selbst ins Ausland schickt) und übersetzen Stellenanzeigen für Freiwilligendienste aus dem Englischen ins Spanische und bewerben das Ganze auf Instagram.
Zu guter Letzt vertreten wir das Europäische Solidaritätskorps und stellen das Programm immer mal wieder vor, um die Spanier darauf hinzuweisen, dass es die Möglichkeit eines Freiwilligendienstes gibt.

Fern ab von der Arbeit – Wie habe ich mich hier eingelebt?
Mein Freiwillgendienst geht insgesamt neun Monate lang und lässt sich gut in drei Abschnitte aufteilen. In den ersten drei Monaten musste ich hier erst einmal ankommen und habe alles kennengelernt. Ich hatte auf einmal ganz viel Zeit für mich, womit ich auch erst einmal lernen musste, umzugehen. (Das endete auch schnell mal in hohen Bildschirmzeiten -.-).
Ich konnte die Zeit auch nutzen, um neue Routinen zu etablieren, was den Sport oder das Lesen betrifft. Dennoch habe ich auch ganz viele Leute getroffen und bin noch eher weniger gereist.

Dann folgte über Weihnachten ein Besuch in Deutschland, auf den ich mich riesig gefreut habe. Es war total schön alle diejenigen, wieder zu sehen, die ich so sehr vermisst habe.
In den nächsten drei Monaten setzte ich mir dann das Ziel, intensiv an Freundschaften in Gijón zu arbeiten. Das bedeutet auch, den sozialen Kreis etwas zu reduzieren und sich mehr auf bestimmte Leute zu konzentrieren.

Nun hat das letzte Drittel begonnen und ich habe vor allem in den letzten beiden Wochen das Gefühl gehabt, mittlerweile angekommen zu sein. Daher freue ich mich darauf, meine jetzigen Freundschaften zu vertiefen und die letzten drei Monate zu geniessen und habe mit meinen Bekanntschaften bereits einige Reisepläne geschmiedet.

Ein par Tipps – Was habe ich gelernt?
Ich habe vor allem gelernt, Dinge wertzuschätzen und dass man – so simpel es auch ist – die Zeit nutzen sollte.
Ich will Vieles mit nach Deutschland nehmen.
Dazu gehört die Musik, das Essen (Tortilla – mmh) und dass ich in Deutschland mehr mit meinen Freunden unternehmen möchte, einfach mal in eine andere Stadt fahren oder mehr Spielabende – das habe ich viel zu selten gemacht.
Ich würde gerne auch ein par Menschen nach Hause nehmen, aber ich schätze, dass wird schwierig…
Uh und die Kaffeepreise. Ich habe mich mittlerweile so sehr daran gewöhnt… Wenn ich so oft ins Café gehe wie hier, werde ich in Deutschland nach einem halben Jahr arm wie eine Kirchenmaus sein.
Worauf ich mich aber freue, ist es, sich früher zu treffen, gerade abends und auf meine Freunde freue ich mich auch.
Was die Pünktlichkeit angeht, habe ich mich viel zu gut an den spanischen Rythmus angepasst.
Anfangs habe ich mich ja noch beschwert, wie man erst um 10 Uhr zu Abend essen kann. Jetzt finde ich mich manchmal darin wieder, wie ich selbst so spät esse.

Was ich jedem ans Herz legen kann, der darüber nachdenkt, einen Freiwilligendienst zu machen: Macht es!
Schaut euch um, es gibt so viele verschiedene Projekte (über das Europäische Solidaritätskorps ist es auch fast schon kostenlos und damit auf jedenfall auch finanziell zu stemmen).
Es ist eine tolle Möglichkeit, ins Ausland zu kommen und man lernt ganz viel über sich, andere und kommt aus seiner Komfortzone heraus.
Dennoch sollte man nicht gleich den erstbesten Freiwilligendienst wählen, sondern das Projekt sorgfältig auswählen. Was mir dabei am meisten geholfen hat, ist es, mir Erfahrungsberichte durchzulesen oder gar direkt mit den aktuellen Freiwilligen vor Ort zu sprechen.
Es ist auch keine Schande, wenn man merkt, dass der Freiwilligendienst nicht zu einem passt. Nicht jeder Freiwillige, der seinen Dienst antritt, bleibt bis zum Schluss. Probleme gibt es bei jedem und nicht alles ist Friede, Freude, Eierkuchen. Dem sollte man sich bewusst sein.
Wichtig ist, dass man sich wohl fühlt und das Beste aus der Zeit macht. Wenn ich zurückblicke, dann war meine Einfindungsphase wichtig, aber ich hätte mich vielleicht schneller eingelebt, hätte ich von Anfang an versucht, mich auf bestimmte Personen zu fokussieren.
So hätte ich ein paar weniger Leute, dafür diese aber besser kennengelernt und vielleicht so schneller Freundschaften geknüpft.
Oft ist es auch hilfreich und auch witziger, sich erst einmal in Gruppen zu treffen, statt am Anfang immer zu zweit.

Ich möchte an der Stelle auch noch einen grossen Dank an alle Beteiligten aussprechen, die mir den Freiwilligendienst ermöglicht haben – dabei auch an meine Entsendeorganisation Eurocircle.

Ganz liebe Grüsse aus Spanien!/Muchos saludos
Claudia