30 Mrz

Young Volunteers On The Way To Santiago

„Young Volunteers On The Way To Santiago“ ist ein Freiwilligendienst-Projekt in Spanien. Genauer gesagt in Carrión De Los Condes. Wo ist das? Tja, das liegt auf dem Jakobsweg! Unsere Freiwillige Susanne arbeitet hier bei der Kommunalverwaltung und engagiert sich im Touristenbüro und in der Bibliothek. Bestimmt habe ich da jetzt etwas vergessen. Aber sie hat uns einen tollen Bericht gesendet. Auch toll ge-layoutet. Hier erstmal der Text und ganz unten haben wir dann noch die toll gestaltete PDF verlinkt. Also: Hier geht’s zum Jakobsweg ->

 

Über den Ort
Carrión de los Condes ist ein kleines Dorf auf dem Jakobsweg im Norden Spaniens. Etwas abgelegen und vorwiegend durch Landwirtschaft geprägt, zeichnet sich das Dorf hauptsächlich durch seine Geschichte und seine historischen Bauten (die Iglesia de Santiago gehört zu einer der Hauptatraktionen auf dem Jakobsweg) aus, die jedes Jahr zur Frühlings- bis Herbstsaison viele Touristen und vor allem Pilger anzieht.
Aber auch ganzjährig gestalten die Leute rund um das Ayuntamiento (vergleichbar mit einem Stadtrat) sehr engagiert und hochmotiviert das Leben im Dorf.
Dazu gehören vielerlei Events und Feiern, Informationskurse und Ausflüge. Jeden Samstag finden ebenfalls verschiedene Aufführungen im hiesigen Theater statt. Im Winter beispielsweise war Carrión Gastgeber eines Amateurtheater-Wettbewerbs, bei dem an zehn aufeinanderfolgenden Samstagen Stücke von Amateurgruppen (die meiner Meinung nach aber auf Profiniveau gespielt haben) aus ganz Spanien aufgeführt wurden. Viele günstige Bars und Restaurants bieten die Möglichkeit den Abend gemütlich auswärts zu verbringen. Einmal im Quartal veranstaltet die Gemeinde auch eine Tapastour in den Carrióner Lokalen. Auch verschiedenste Einkaufsmöglichkeiten gibt es im Ort. Dazu gehören zwei Supermärkte und viele kleinere Läden, in denen man Lebensmittel, Drogerieprodukte und Haushaltwaren kaufen kann. Banken, Frisöre und Kosmetikstudios gibt es ebenfalls. Zudem findet einmal wöchentlich ein Bauernmarkt in Carrión statt.

Über die Menschen
Umgeben bin ich während meines Arbeitsalltags, aber auch privat von vielen tollen Menschen. Dazu gehört meine Chefin Carmen, die die Verantwortliche für die Jugendarbeit in Carrión ist und meine Mentorin Lucia, die gleichzeitig auch meine Spanischlehrerin ist (zwei Mal wöchentlich habe ich 1,5 Std. Unterricht).
Zu beiden habe ich eher ein freundschaftliches als ein kollegiales Verhältnis. Auch privat treffen wir uns regelmäßig und ich kann mich bei sämtlichen Belangen und Problemen an beide wenden. Aber auch generell habe ich durch die vertraute Nähe, die das Dorfleben mit sich bringt Unterstützung von allen Seiten. Die Carrióner sind sehr freundlich, aufgeschlossen und hilfbereit. Trotz anfänglicher Kommunikationsschwierigkeiten (Ich kam hier her ohne auch nur ein Wort Spanisch zu sprechen und Englisch ist in Spanien generell nur wenig verbreitet) haben die Menschen mich miteinbezogen und versucht sich mit mir anderweitig zu verständigen, mir ihre Hilfe angeboten und mich ihren Freunden und Familien vorgestellt. Ich fühle mich hier also rundum wohl und geborgen.

Aufgabenfeld
Der Freiwilligendienst in Carrión ist sehr bunt. Den Großteil meiner „Arbeitszeit“ helfe ich im Tourismusbüro aus, welches gleichzeitig ein kleines Kunstmuseum mit monatlich wechselnden Ausstellungen ist. Dort empfangen wir Touristen und Pilger aus aller Welt, geben alle notwendigen Informationen und Stempel für die Pilgerpässe und helfen bei der Vorbereitung der verschiedenen Aktivitäten.
Fester wöchentlicher Bestandteil ist eine Vorlese- und Bastelstunde in der Bibliothek und ein Vormittag an dem ich Geschichten im Kindergarten vorlese. Einen Tag der Woche arbeite ich in der Bibliothek und helfe dort bei der Ausleihe, der Sortierung der Bücher und der Archivierung verschiedener Zeitungsartikel über Carrión. Freitags nachmittags leite ich mitlerweile den Informatikkurs für Schüler. Dies hat sich angeboten, da ich bereits viel Vorerfahrung im Umgang mit Officeprodukten mitbringen konnte.
Generell bietet das Ayuntamiento an, sich persönlich mit verschiedensten Ideen einzubringen und Sport-, Sprach- oder Musikkurse etc. anzubieten, jedoch entspannt nach dem Motto „Alles kann, nichts muss“. Insgesamt arbeite ich etwa 30 Stunden die Woche. Wöchentlich finden auch verschiedenste Aktivitäten zu Umweltschutzprojekten, Frauenrechtsaktionen und weitere Infoabende statt. Diese Veranstaltungen besuche ich auch meist eher als Teilnehmer/Zuschauer. Sie sind sehr interessant, aber nicht obligatorisch. Wenn ich vor Ort bin, wird natürlich zur Hand gegangen, wenn möglich.

Freizeit
Auch die Freizeit kommt hier natürlich nicht zu kurz. Währenddessen nehme ich manchmal an den erwähnten Veranstaltungen teil, gehe zum Sport (Gratis Zumba-Kurs und im Sommer freier Eintritt ins Freibad) oder treffe Freunde im Ort. An den Wochenenden bietet es sich an, andere Voluntäre in den umliegenden Städten zu besuchen, die ich bei der Einführungs-/Informationswoche zu Beginn meines Freiwilligendienstes kennengelernt habe. Dadurch sieht man nette Leute wieder, lernt neue Städte kennen, bekommt Insidertipps und kann natürlich oft in den Apartments der Voluntäre unterkommen.
2-3 Mal täglich fährt ein Bus nach Palencia von wo aus man mit dem Zug viele Städte erreicht. Den Großteil meiner Freizeit verbringe ich draußen, gehe Wandern, Laufen oder Fahrrad fahren und genieße die spanische Sonne. Auch wenn der Winter wirklich kalt war, die Sonne scheint quasi immer.

Meine Unterkunft
Ich teile mir ein 4-Zimmer-Apartment mit einer weiteren Voluntärin des Ayuntamientos. Wir haben jeweils ein eigenes Zimmer, ein zusätzliches Schlafzimmer für unseren Besuch, ein großes Wohnzimmer, Küche, Bad, Flur und eine kleine Waschkammer inkl. Waschmaschine. Das Apartment ist mit allem ausgestattet, was man braucht (Möbel, Kücheneinrichtung, Bettwäsche, WLAN etc.). Vom Apartment zur Arbeit und zu den Geschäften/Supermärkten sind es nur 10-15 Minuten zu Fuß und zur Bushaltestelle nur etwa 5 Gehminuten.

Corona-Situation März 2020
Wie auch für den Rest Spaniens gilt in Carrión eine Ausgangssperre. Alle öffentlichen Einrichtungen und Büros, Hotels, Bars, Restaurants und Geschäfte, bis auf die Supermärkte und die Apotheken sind geschlossen.
Dazu gehören natürlich auch das Tourismus-Büro, die Schulen und Kindergärten und die Bibliothek. Alle Veranstaltungen sind landesweit gecancelt.
Dadurch ist es mir momentan nicht möglich zu arbeiten oder Aktivitäten vorzubereiten und auch das Leben in der Öffentlichkeit ist stark eingeschränkt (wie fast überall auf der Welt). Es besteht nach wie vor die Möglichkeit, wenn auch sehr beschwerlich, nach Deutschland zurückzureisen. Jedoch habe ich mich dazu entschieden, für die Quarantäne in Carrión zu bleiben.
Bis auf die seltenen Ausflüge zum Supermarkt, beschäftigen wir uns zuhause mit Lesen, Spanisch lernen, Malen, Handwerken (Stricken, Macrame,…), Klavierspielen und natürlich Serien/Filme schauen. Ich habe eine Freundin (ebenfalls Voluntärin) aus Palencia eingeladen, die Quarantäne gemeinsam in Carrión auszusitzen. Gemeinsam ist es nur halb so schlimm. Wir kochen und backen, machen Sport, spielen Spiele und unterhalten uns viel. Bisher (heute ist Tag 12 des Hausarrests) lässt es sich also ganz gut aushalten. Ich lerne viele neue Dinge und widme mich allen Sachen und Hobbies, die im normalen Alltag sonst zu kurz kommen.
Die Situation ist aber in ganz Spanien gleich und soll den fröhlichen Eindruck von Carrión nicht zu Nichte machen!
Ich lebe und arbeite sehr, sehr gerne hier und kann den Freiwilligendienst nur empfehlen. Die persönliche, intellektuelle und soziale Erfahrung ist Gold wert!

 

Hier jetzt noch oben versprochen der Bericht als PDF mit Fotos: Bericht